Good Morning, Vietnam & Im Land der Roten Khmer

Obwohl es bereits viele Jahrzehnte her ist, verbindet man sowohl mit Vietnam als auch Kambodscha immer noch Krieg und Leid. Sei es im Falle von Vietnam dem Krieg mit den USA, bei Kambodscha, die massenhaften Vernichtungen von Landsleuten durch die Roten Khmer. Gerade Vietnam geht offen mit seiner Geschichte um. In Ho Chi Minh oder Saigon, wie es weiterhin genannt wird, gibt es ein Geschichtsmuseum zum Vietnamkrieg. Für mich genau das richtige, weil sie durch Fotos veranschaulicht wird. Jede Etage ist einem bestimmten Thema des Krieges gewidmet. Am beklemmendsten war dabei der Bereich, wo es um die Folgen des amerikanischen Abwurfes von hochgiftigem Dioxin, dem sogenannten "Agent orange", ging. Während in den anderen Etagen der eine oder andere Kommentar von den Besuchern zu hören war, empfand ich die Atmosphäre hier ähnlich wie beispielsweise in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und dort besonders in dem Gebäude, wo die Namen der verstorbenen Kinder aufgezählt wurden. Geschichtlich sicherlich nicht zu vergleichen, bewirkte bei mir aber ein ähnliches Gefühl.

 

Vietnam gilt mittlerweile als aufstrebendes Land, so dass gerade die Nachbarn China und Japan viel investieren. Wenn ich an meine Reise nach Kuba denke, ist Vietnam einige Schritte weiter. Ob man das gut finden soll, muss jeder für sich entscheiden. Schließlich verliert ein Land dadurch auch ein Stück Identität. Die Unterschiede im Land konnte man sehr deutlich sehen. Links der Straße waren alte, heruntergekommene Hochhäuser, rechts der Straße wurde umzäunte Areale mit Flüssen für die oberen Zehntausend gebaut. Da braucht man nicht in die Zukunft schauen können, um zu wissen, dass das über kurz oder lang Neid schüren und zu Konflikten führen wird. Und wie das Problem gelöst werden wird, ist doch auch jedem klar: Weg mit den Apartmentblocks, so dass die einfache Bevölkerung sich eine Wohnung in Hanoi oder Ho Chi Minh nicht mehr leisten wird und in die Randbezirke abgeschoben wird.

 

Für den einen oder anderen wäre allein der Straßenverkehr ein Grund dafür, nicht nach Vietnam zu reisen. Schließlich ist der schon allein eine Herausforderung für sich. Freut man sich auf einen gemütlichen, ruhigen Urlaub in Vietnams Großstädten, wird man doch arg enttäuscht. Allein in Hanoi leben siebeneinhalb Millionen Einwohner und fünf Millionen davon haben einen Roller. Was so viel heißt: Es ist laut und dieses Geknatter der Roller nervt irgendwann. Ein kleines Abenteuer ist es da, nur einmal eine Straße zu überqueren, denn Fußgänger und Radfahrer stehen ganz unten in der Verkehrshierarchie. Spätestens nach dem zweiten Mal hatte man es raus: Eine kleine Lücke erwischen, die Hand heben und los geht's. Dann heißt es nur noch, nicht stehen zu  bleiben, sonst hat man verloren. Erreicht man unfallfrei die andere Seite bedeutet das aber nicht gleichzeitig, dass man sicher ist. Möchte ein Rollerfahrer links abbiegen, fährt er quer über die Fahrbahn, durch den Gegenverkehr zum anderen Bordstein, fährt den in die andere Richtung fahrenden damit entgegen und oftmals wird dann über den Gehweg abgekürzt. Auch Fußgängerüberwege sind offensichtlich nur zur Dekoration der Straße dort. Die Streifen sind zwar schön farblich markiert, dran gehalten wird sich aber null. Und dann diese Rollerfahrer mit ihrem Mundschutz. Das ist schon witzig.

 

So, nun aber genug gemeckert. Insbesondere fernab der Großstädte hat das Land massenhaft zu bieten. Ich denke dabei an den Mekongfluss, den wir mit einer Dschunke entlang geschippert sind und dort auch übernachtet haben. Oder das Weltkulturerbe Ha Long Bucht, wo wir immer auf der Suche nach dem untertauchenden Drachen waren. Der Name Vinh Ha Long bedeutet "Bucht des untertauchenden Drachen". Laut der Legende entstand die Bucht durch einen Drachen, der in den nahen Bergen gelebt haben soll. Als er zur Küste lief, zog er mit seinem Schwanz Furchen in das Land, das schließlich überflutet wurde, als der Drache abtauchte. In der Ha Long Bucht gibt es natürlich etliche Anbieter von Bootstouren, so dass man zumindest am Anfang nie allein ist. Da wir aber eine längere Tour gebucht haben, konnte man schließlich doch etwas entlang der Karstfelsen bei leckerem vietnamesischen Essen entspannen.

 

Apropos Essen: In den Städten gab es fast an jeder Ecke kleinere Essenstände, sogenannte Garküchen, wo aber vor allem Einheimische gegessen haben. Auch wenn meine Reiseapotheke noch vom Kubaurlaub prall gefüllt war, muss man doch nicht jedes Streetfoodabenteuer mitmachen. Und wenn ich wie in Hanoi noch erkennen kann, dass die Tiere, die dort stundenlang in der Auslage liegen in ihrem früheren Leben Hunde waren, dann krümmt sich mein Magen schon vorher.

 

Dann doch lieber zur sogenannten Train Street. Eine Bahnstrecke oberhalb der Verkehrsstraßen, die durch die Großstadt führt. Teilweise ist zwischen den Häusern aber tatsächlich nur so viel Platz, dass gerade so der Zug vorbeipasst. Nachdem direkt an der Strecke früher viele Läden waren, sind nun fast alles Cafes, inklusive dem Aushang, wann der nächste Zug kommt. Dann heißt es nämlich, die Stühle und Tische in die Hand nehmen und sich zusammen mit den Sachen in die Hauseingänge stellen, um den Zug vorbei zu lassen. Das nächste coole Abenteuer.

Aber seht selbst.

 

Ein Tag der Erholung und die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh ist genau richtig dafür. Der ideale Ort, um in den Rhythmus des Landes einzutauchen. Keine Globalisierungshektik, keine Allerweltsarchitektur. Sie kann nicht mit bombastischen Sehenswürdigkeiten aufwarten. Attraktionen sind die gemächlich dahinschippernden Fährschiffe, die bröckelnden französischen Villen, die breiten Boulevards und die kleinen Altstadtgassen mit den Menschenmassen zwischen Garküchen und Gemüseständen. Die Kambodschaner sind ein weltoffenes und gastfreundliches Volk, stolz auf ihre Tempel, ihre Tempel und außerdem auf ihre Tempel. Andererseits auch hier: Verkehrschaos. Die Bratnudelverkäufer mit ihren zweirädrigen Karren, die Fahrrad- oder Rikschafahrer, die mit Reissäcken überladenen LKW oder die ganzen SUVs als neue Statussymbole. Aber der Verkehr, das sind vor allem die unzähligen Motorräder, mit teilweise ganzen Familien drauf. Und wir machen uns in Deutschland Gedanken darüber, ob ein Mofa ein Einsitzer oder Zweisitzer ist?.

 

Das Bedeutendste im Land - neben den auf Stelzen gebauten Häusern, die damit vor Hochwasser geschützt werden sollen oder dem ganzen Müll neben den Straßen oder unter den Häusern - sind natürlich die Tempel. Gerade in Angkor Wat läuft man staunend durch sie hindurch. Angkor packt einen einfach. Sie zeigen einem die einstige Größe, Intelligenz und teilweise Überlegenheit der Khmer vor Augen. Was für ein riesiges Areal.

 

Und auch hier zeigt sich wieder die Vergangenheit. Einerseits gibt es immer noch die seit den 50ern schwelgenden Grenzstreitigkeiten mit Thailand, vor allem um den Tempel Prasat Preah Vihear. Der Bereich ist deswegen ein eine No-go-Area für Touristen. Andererseits ist aufgrund der Größe immer noch nicht das gesamte Areal minenfrei. Am Ende der Kämpfe zogen sich die Roten Khmer hierher zurück und hinterließen daher etliche Minen, die durch westliche Länder finanziert, größtenteils bereits geräumt wurden.

 

Ein anderes Verhältnis zu ihrer Geschichte haben die Kambodschaner eindeutig. Viele haben während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer zahlreiche Verwandte verloren. Häufig wurden Parallelen zu Auschwitz gezogen. Die damaligen Verantwortlichen sollten in einem  Sondertribunal zur Verantwortung gezogen werden. Doch saßen nur sehr wenige auf der Anklagebank und wenn, dann hatten sie bereits ein hohes Alter erreicht. Viele aus der früheren Khmer-Regierung hatten in der neuen Regierung einen Platz gefunden, so dass die Regierung den anderen Ländern etliche Vorgaben machten, unter denen eine solche Gerichtsverhandlung überhaupt möglich wäre. Von  einem transparenten Verfahren war somit nicht mehr zu sprechen, wenn die Mehrheit der Richter aus Kambodschanern bestehen, für die der Präsident weisungsbefugt ist. Aber genauso wie in Vietnam gilt auch in Kambodscha: Es gibt nur noch wenige, die die damalige Zeit bewusst mitbekommen haben. Die jüngere Generation kennt die Gräueltaten nur noch aus den Geschichtsbüchern.

 

Insgesamt machte das Land auf mich ein eher ursprünglichen Eindruck. Ich denke, dass man das auch auf den Fotos sieht, gerade im Vergleich zu den Bildern aus Vietnam.